"BRUNNENBUBERL" |
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Bilder
und Videos aufgenommen am 11.04.2021 |
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Das
"Brunnenbuberl" oder als Anlage auch Gasteigerbrunnen genannt,
fand erstmalig Aufstellung am 22. September 1895 hinter dem großen
Kiosk am Stachus in einer der damaligen Grünanlagen entlang der Sonnenstraße.
Heute hat es seinen Platz am Westende der Neuhauser Straße im Stadtbezirk
01 Altstadt - Lehel. Die zärtlich - liebevolle Bezeichnung findet
sich auch für andere Brunnen mit kleinen Buben, aber nur dieser Brunnen
mit dem weinlaubgekränzten Faun, der mit sichtlichem Vergnügen
auf das Buberl herunterspuckt, ist so weithin bekannt und im allgemeinen
Sprachgebrauch. Der Bub drückt mit dem Daumen auf den Brunnenhahn
am Pfeiler, um - wie Kinder das so gerne tun - weithin zu spritzen und
so die Passanten zu necken. Für diesen Schabernack erhält er
seinerseits die Strafe, die er mit erhobenem Arm abzuwehren versucht:
der Faun spritzt ihn an. Die lebhaft bewegte Gruppe wurde erstmals am
22. September 1895 enhüllt. Die Bronzeplastik des Buben wurde in
der Erzgießerei Johann Reismüller München gegossen. Beim
Stachusumbau wurde der Brunnen 1964 abgebrochen und an die heutige Stelle
in der Fußgängerzone versetzt, liebenswürdiger Auftakt
für die "Stätte menschlicher Begegnung" in Münchens
"guter Stube". Am 28.09.1971 wurde der Brunnen zum zweiten mal
enthüllt. Nebst dem "Buberl" sind noch die Figuren der
Herme und des Satyrs zu sehen. Die Brunnenwanne wurde aus Enzenauer Kalkstein
("Enzenauer Muschelmarmor") gefertigt. In der Anfangszeit seines
Bestehens stand der Brunnen in den kleinen Grünanlagen in der Sonnenstraße
auf direkter Höhe des 3. Schaufensters des Spielwaren Obletter, umgeben
von Kastanien und niedrigem Buschwerk. Der umlaufende Rasen war mit den
aus dem Englischen Garten bekannten kleinen, etwa 40cm hohen Randzäunen
eingefasst. Der Betrachter hatte im Hintergrund immer den Justizpalast
und das ehemalige prächtige Straßenbahnstationshaus am Karlsplatz
im Blickfeld. Im Mai 1919 wurde das Brunnenbuberl in der Zeit der Niederschlagung
der Novemberrevolution von einigen Kugeln getroffen. Es handelt sich um
einen Trinkwasserbrunnen, er wird in der Winterpause nicht abgedeckt.
Der erst 22 Jahre alte Bildhauer Matthias Gasteiger (1871 - 1934) hatte
für die Pariser Weltausstellung 1903 eine lustige Gruppe modelliert:
Ein splitternackter Knabe bekommt von einem lachenden Faun fortwährend
Wasser ins Gesicht gespuckt. Aus Freude über die dafür gewonnene
Goldmedaille und eine Ehrung in Wien ("eines der besten Werke der
Bildhauerkunst") schenkte der Künstler das bald sogenannte Brunnenbuberl
seiner Heimatstadt München. Doch was sah man da in aller bürgerlichen
Öffentlichkeit? Der Marmor - Knabe war unverkennbar männlichen
Geschlechts. Der Polizeidirektor höchstpersönlich erklärte
dem Künstler, dass sein Bildwerk zu anstößig sei und "etwas
geschehen" müsse. Damit wurde, so die Zeitschrift "Kunst
für Alle", eine wahre "Sturmflut eröffnet". Das
Für und Wider spaltete München, und so wurde das Buberl in ganz
Deutschland berühmt. Aus Spaß oder Moral wurden dem Bildhauer
dreihundert Höschen geschickt. Eines Tages war das Brunnendenkmal
durch Anilin beschmiert. Spottgedichte heizten den "Skandal"
an: "Schäm dich, Buberl / aus der Fremd / Hast du wirklich /
gar kein Hemd? / Um’s zu sehen / Kam herbei / die gewalt’ge
Polizei." Nach der Polizei griff der als relativ liberal geltende
Prinzregent ein. Ob er denn nicht wenigstens ein Feigenblatt anbringen
könne, schlug er dem Künstler vor. Der aber antwortete nur mit
einem faunischen Lachen, weshalb er später, wie er vermutete, nicht
zum Professor berufen wurde. Immerhin musste er neun weitere Exemplare
auf Bestellung in andere Städte liefern, eines bis nach Amerika.
Als München vorübergehend rot und revolutionär wurde und
Kanonenschüsse über den Stachus krachten, erlitt das Original
- Buberl drei Einschüsse. Flugs wurde eine Postkarte hergestellt
mit der Aufschrift: "Unser schwerverwundetes Buberl." Beim großen
Stachus - Umbau dann wurde der spritzig - witzige Brunnen von der immer
noch begrünten Platzmitte weg in eine Nische vor dem Karlstor versetzt,
wo er nun – wie eine Gasteiger - Dokumentation rügt –
eingezwängt und isoliert wirke, vor allem weil ihm nun der Bezug
zur Natur fehle. Von 1964 bis 1971 war er eingelagert. Es handelt sich
hier um einen städtischen Brunnen und um ein Baudenkmal (D-1-62-000-4713). |
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