"GERECHTIGKEITSBRUNNEN"
(ODER "RÖMERBERGBRUNNEN") |
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Bilder
und Videos aufgenommen am 29.06.2024 |
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Justitia,
die Darstellung der Gerechtigkeit |
Temperantia,
die Darstellung der Mäßigung |
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Spes,
die Darstellung der Hoffnung |
Charitas,
die Darstellung der Liebe |
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Der Gerechtigkeitsbrunnen (auch Justitiabrunnen) ist ein Springbrunnen
auf dem Römerberg in Frankfurt am Main und eines der Wahrzeichen
der Stadt. Er geht auf einen Vorgängerbau von 1543 an selber Stelle
zurück und entstand in seiner heutigen Form 1611. Zur Zeit des Heiligen
Römischen Reiches spielte er während des Krönungszeremoniells
eine besondere, wenn auch kurzfristige Rolle als Weinbrunnen für
den Kaiser und dann auch für das Volk. Der gegenwärtig zu sehende
Brunnen ist eine weitgehend detailgetreue Kopie aus dem Jahr 1887, die
der Frankfurter Weinhändler Gustav D. Manskopf finanzierte. Er steht
unter Denkmalschutz. Der Brunnen steht in der Mitte des zentralen Römerbergs
vor dem Rathaus. Den Unterbau bildet ein achteckiger Trog aus rotem Mainsandstein
von 6,5 Metern Durchmesser. Er ist durch zwei Stufen aus Basalt vom Bodenniveau
des Römerberges abgesetzt. An den Ecken des Troges befinden sich
Postamente, die am oberen und unteren Ende mit Rundstäben - Gesimsen
verkröpft sind. Auch die Flächen der Postamente zeigen Spiegel
aus überschneidenden Rundstäben. Die Brüstung des Troges
ist an der Außenkante mit einer einfachen Hohlkehle profiliert und
springt an Stelle der Postamente vor. Zum Römer trägt der Trog
eine Plakette mit der Inschrift Gustav D. Manskopf seiner Vaterstadt MDCCCLXXXVII.
Umgeben wird er von einem ebenfalls achteckigen, schwarz gefassten Eisengitter,
das in vier der acht Felder einen vergoldeten Frankfurter Adler enthält.
Das in frei historisierenden Formen gestaltete Gitter ist die einzige
Zutat der Erneuerung von 1887, die kein historisches Vorbild besitzt.
Im Brunnentrog steht ein ungeschmückter Steinpfeiler, auf dem auf
Höhe der Brüstung ein Bronzeguss aufsetzt ist. Gegenüber
dem breiten, mit einem Eierstab geschmückten, wulstartigen Fuß
tritt der weitere Aufbau etwas zurück. Oberhalb mehrerer Profile
bilden die Ecken dorische Pilaster, von deren Kapitellen sich über
die Kanten Rundbögen spannen. In den so gebildeten Nischen sind Reliefdarstellungen
weiblicher Verkörperungen verschiedener Tugenden zu sehen. Ihre lateinische
Bezeichnung steht jeweils darunter. Dabei handelt es sich um: Justitia,
die Göttin der Gerechtigkeit mit Richtschwert und Waage, blickt mit
unverbundenen Augen auf die Römerberg - Nordseite, Temperantia, die Mäßigung, beim Verteilen einer Flüssigkeit zwischen zwei Krügen, mit Blick in Richtung des Samstagsberges respektive der Römerberg - Ostzeile, Spes, die Hoffnung, mit einer Taube auf dem Arm, gegenüber der Alten Nikolaikirche, sowie Charitas, die Liebe, mit zwei Kindern, von denen sie eines stillt, zum Römer hin. Über den Köpfen der Tugenden befinden sich wasserspeiende Masken, zwischen letzteren über die Ecken gespannte Festons. Nach einem erneuten Wulst mit Eierstabdekor bilden jeweils zu den Ecken gewandete Sirenen die vorletzte Stufe des Aufbaus. Die Brüste, die sie sich mit den Händen halten, sowie der Mund dienen als Wasserspeier. Oberhalb der Darstellung verläuft um die Kanten ein glattes Band mit der Inschrift "Iustitia in toto virtutum maxima mundo sponte sua tribuit cuilibet aequa suum". Die deutsche Übersetzung ins Versmaß gesetzt lautet: „Justitia, auf der Welt der Tugenden erste und größte, teilt mit gerechter Hand jedem das Seinige zu.“ Die Inschrift bezieht sich bereits auf die darüber befindliche, den Aufbau abschließende Brunnenfigur. Diese ist die Göttin Justitia mit den Attributen des Richtschwerts und der Waage. Im Gegensatz zu den meisten anderen Darstellungen sind ihr aber nicht die Augen verbunden. Zur Ikonografie des Brunnens existieren keinerlei Aufzeichnungen aus der Entstehungszeit oder auch moderne Untersuchungen. Bezüglich der Verkörperungen der Tugenden ergibt sich alleine aus ihren sichtbaren Attributen, dass es sich um eine Auswahl von jeweils zwei Kardinal- und theologischen Tugenden handelt. Wären die vier Kardinaltugenden, also Klugheit oder Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung dargestellt, so ließen sich die Darstellungen der Hoffnung sowie der Charitas nicht ikonografisch sinnvoll der verbleibenden Klugheit oder Weisheit respektive der Tapferkeit zuordnen. Dem klassischen Darstellungsmuster theologischer Tugenden folgt dagegen die Hoffnung als Frau mit Taube – entgegen der klassischen mythologischen Spes, wo sie meist mit einer Krähe zu sehen ist – sowie vor allem die Liebe als Charitas mit Kindern. Aufgrund des Mangels an Literatur nicht nachweislich erklärbar sind dagegen etwaige Absichten hinter der Auswahl der Tugenden aus den genannten zwei Gruppen sowie die Tatsache, dass die bekrönende Figur seit jeher ihren Blick auf das Rathaus der Stadt gerichtet hat. Letzteres war nicht nur Sitz des Stadtrats, sondern auch des Schöffen- und Strafgerichts, dessen Funktion im Mittelalter von den Ratsherren wahrgenommen wurde. |
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