Die "verbogene Laterne"
 


Die "verbogene Laterne" hat eine lange Geschichte hinter sich. Keine Angst, es ist niemand dagegen gefahren oder hat sie gewaltsam in ihre jetztige Form gebracht. Sie stand einst in einem Nachtclub mit dem Namen "Bei Gisela", betrieben von einer gleichnamigen Wirtin, die als "Schwabinger Gisela" in die Geschichte des Stadtteils einging. Die Laterne spielte in der Geschichte der Schwabinger Kneipenlebens eine wichtige Rolle, weil Gisela abends gern Lieder zum besten gab und dabei um die Laterne herumtanzte. 1960 kaufte die Wirtin eine neue Lautsprecheranlage für ihr Lokal. Doch als die Anlage dann installiert werden sollte, stellte sich heraus, dass die Anlage nicht an der Laterne vorbeipasste. Die Wirtin wollte sich aber keinesfalls von dem guten Stück trennen. Da kam einer der Mitarbeiter der Firma des zuständigen Ingenieurbüros für Apparate - und Lautsprecherbau Heckl auf die Idee, den Masten der Laterne so hinzubiegen, dass die Lautsprecheranlage daran vorbeipasst. Der Mitarbeiter lieh sich von einer benachbarten Spenglerei ein Schweißgerät und bearbeitete die Laterne damit so lange, bis die Anlage an der Laterne vorbeipasste. So konnte die Wirtin ihr geliebtes Stück behalten. Der Galerist Wolfgang Roucka bewahrte sie über 20 Jahre lang in seiner Galerie auf, bevor sie im Sommer 2015 an ihren jetztigen Standort gebracht wurde. Die Laterne steht auf dem Wedekindplatz an der Kreuzung Occamstraße / Feilitzschstraße in Schwabing. Gisela Dialer - Jonas, geboren 1929 in Moers am Rhein und 2014 in München gestorben, kam 1949 in die Weltstadt mit Herz und eröffnete drei Jahre später als jüngste Wirtin Deutschlands ihre Kneipe in der Occamstraße 8. Dabei stand sie nicht nur hinter der Theke, sondern trat auch als Chansonsängerin auf, wobei sie gern die Laterne in ihre Darbietungen mit einbezog. Jeden Abend stand sie auf der kleinen Bühne und gab mit ihrer dunklen, verruchten Stimme oft frivole Lieder zum Besten - oder das, was in den 1950er und 1960er Jahren als frivol galt. "Fremder Mann, sprich mich an, aber frag nicht warum, warum mir die Wahl manches Mal schon egal. Ob du geistreich und krumm oder schön, aber dumm - heute Nacht ist auch das einerlei", ist nur einer von vielen Liedtexten. Ein anderes Chanson, das sie allabendlich zur Unterhaltung beisteuerte, war der "Novak", allerdings immer nur die erste Strophe. "Ob angezogen oder als ein Nackter, der Novak hat am ganzen Leib Charakter", heißt es darin. Ihre Gäste nahmen das hin, sie fühlten sich wohl bei der "gebildeten Dame mit stark unzüchtigem Charakter", wie sie sich später in ihrer Biografie bezeichnete. Politiker wie Franz - Josef Strauß (1915 - 1988) gehörten dazu, aber auch Literaten und Schauspieler wie Erich Kästner
(1899 - 1974) und Kirk Douglas (*1916) schauten gern vorbei. Gisela war eine Schwabinger Institution.
   
 
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